§ 9 Anspruchsausschluss bei Unverhältnismäßigkeit

Gesetzesbegründung: § 9 schließt Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Absatz 1 aus, wenn die Rechtsfolge im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Die Regelung setzt Artikel 13 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Eine vergleichbare Regelung enthält § 98 Absatz 4 UrhG. Obwohl § 8 nicht von der Richtlinie (EU) 2016/943 vorgegeben ist, ist eine Einbeziehung des Auskunftsanspruchs unter den Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit sachgemäß, da auch eine Auskunftsverpflichtung den Verpflichteten im Einzelfall stark beeinträchtigen kann. Die Aufzählung ist nicht abschließend; die Berücksichtigung anderer berechtigter Interessen ist daher möglich.

Die Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn die Erfüllung im Einzelfall unverhältnismäßig wäre, unter Berücksichtigung insbesondere

1. des Wertes oder eines anderen spezifischen Merkmals des Geschäftsgeheimnisses,

Gesetzesbegründung: Besitzt das Geschäftsgeheimnis nur einen geringen Wert, kann dies im Einzelfall dazu führen, dass umfangreiche oder kostspielige Rückrufmaßnahmen als unverhältnismäßig beurteilt werden.

2. der getroffenen Geheimhaltungsmaßnahmen,

Gesetzesbegründung: Trifft der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses nur geringfügige Maßnahmen zum Schutz des Geschäftsgeheimnisses, kann dies im Einzelfall ebenfalls zur Unverhältnismäßigkeit der Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Absatz 1 führen.

3. des Verhaltens des Rechtsverletzers bei Erlangung, Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses,

Gesetzesbegründung: Nummer 3 ermöglicht eine Berücksichtigung subjektiver Komponenten beim Rechtsverletzer. So kann zum Beispiel eine fahrlässige Unkenntnis der rechtswidrigen Nutzung des Geschäftsgeheimnisses dazu führen, dass umfangreiche oder kostspielige Rückrufmaßnahmen als unangemessen beurteilt werden können.

4. der Folgen der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses,

Gesetzesbegründung: Nach Nummer 4 können auch die Folgen der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses berücksichtigt werden.

5. der berechtigten Interessen des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses und des Rechtsverletzers sowie der Auswirkungen, die die Erfüllung der Ansprüche für beide haben könnte,

Gesetzesbegründung: Nummer 5 verweist auf eine allgemeine Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses und den berechtigten Interessen des Rechtsverletzers sowie den Auswirkungen, die die Erfüllung der Ansprüche für beide haben könnte. Hierbei kann jedes von der Rechtsordnung gebilligte Interesse berücksichtigt werden, auch solche wirtschaftlicher und ideeller Art. So kann beispielsweise der Anspruch auf Rückruf und Vernichtung unverhältnismäßig sein, wenn die Produkte lediglich deswegen als rechtsverletzende Produkte gelten, weil sie Gegenstand eines rechtswidrigen Marketings sind.

6. der berechtigten Interessen Dritter oder

Gesetzesbegründung: Nummer 6 verweist auf die berechtigten Interessen Dritter. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung des Umfangs der Ansprüche aus den §§ 6 bis 8 Absatz 1 kann zum Beispiel berücksichtigt werden, wenn Dritte auf die rechtsverletzenden Produkte angewiesen sind oder dass ein Dritter Besitzer der im Eigentum des Rechtsverletzers stehenden Ware ist.

7. des öffentlichen Interesses.

Gesetzesbegründung: Das öffentliche Interesse umfasst neben dem grundsätzlichen Interesse an der Herstellung eines rechtskonformen Zustandes auch Interessen des Staates zum Beispiel im Bereich der öffentlichen Sicherheit.